Jeder Mensch ist berufen – zum Menschsein, zum Christsein, zu einer je eigenen Antwort auf den Anruf Gottes. Berufung kann dabei ganz unterschiedliche Ausdrucksformen finden: in unterschiedlichen Lebensformen (Ehe, Ordensleben, Priester oder Diakon etc.), unter je verschiedenen Rahmenbedingungen (alleine oder in Gemeinschaft, mitten in der Welt oder in der Zurückgezogenheit eines Klosters…), in einem bestimmten Beruf, im Einsatz für benachteiligte Menschen…

Immer aber ruft Gott zum Leben, zum Leben in Fülle (vgl. Joh 10, 10).

Wie kann ich entdecken, was meine ganz persönliche Berufung ist?

Zunächst braucht es dazu die innere Bereitschaft, mich auf die Suche zu machen: hinhören auf das, was mich umtreibt, und aufmerksam werden für das Wort Gottes, das mir Orientierung sein will. Ein ehrliches Suchen setzt dabei eine gewisse innere Freiheit voraus, um nicht bei meinen eigenen Gedanken stehen zu bleiben, sondern wirklich hörend zu werden für das, was Gott mir zeigen will.

Dabei ist es wichtig, achtsam zu sein auf das was ich bin. Das bedeutet, realistisch auf meine Stärken und Schwächen, meine Begabungen und Grenzen, mein Geworden-sein, meine Bedürfnisse etc.  zu schauen. Die Rückmeldungen anderer Menschen, die mich gut kennen (Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen, Familie…) können dabei hilfreich sein.

Ebenso gilt es meine Sehnsucht, meine Wünsche zu erspüren. Was macht mir wirklich Freude? Für was (oder für wen) möchte ich leben? Gibt es einen Satz aus der Bibel, der mir wichtig geworden ist und in dem ich etwas von meiner Lebenssehnsucht wiederfinde?

Als Christen sind wir überzeugt, dass Gott mitten in der Welt zu uns spricht. Gibt es Erfahrungen, die mich besonders berührt haben: die Begegnung mit einem Menschen in Not, eine Bemerkung einer anderen Person, einen Text der Heiligen Schrift?  Die Aufmerksamkeit für das, was mir Tag und Tag begegnet, und was dies in mir auslöst, ist ein weiterer Wegweiser, um meiner Berufung auf die Spur zu kommen.

In einer solchen Zeit des Suchens ist es hilfreich, nicht mit meinen Fragen alleine zu bleiben, sondern Unterstützung zu suchen, beispielsweise jemanden, der mich begleitet. Es gibt Menschen, die für den Dienst der geistlichen Begleitung ausgebildet sind (Priester, Ordensleute, Laien) und die mir so helfen können, aufmerksamer zu werden für das Wirken Gottes in meinem Leben und für Seinen Anruf. Regelmäßige Gebetszeiten und Besinnungstage  können weitere Bausteine für den Suchweg sein.

Wenn ich mich näher für eine bestimmte Lebensform interessiere, macht es Sinn, Kontakt mit Menschen aufzunehmen, die diese Lebensform leben. Wenn ich mich für eine bestimmte Gemeinschaft interessiere, kann ich den Austausch mit einem Mitglied dieser Gemeinschaft suchen, eventuell ein paar Tage mitleben, um ihren Alltag besser kennenzulernen und zu erspüren, welches Echo er in mir findet. Auch können mir die Mitglieder der Gemeinschaft eine Rückmeldung zu meinen Fragen geben.

Berufung beginnt im Heute! Jeder Suchweg beginnt mit dem ersten Schritt. So kann ich versuchen, in meinem konkreten Alltag Elemente einzubauen, die mir helfen, bereits im Kleinen zu leben, was ich mir für mein Leben ersehne: durch regelmäßige Gebetszeiten, den Einsatz für benachteiligte und arme Menschen, den Austausch mit anderen, die Mitarbeit in einer christlichen Gruppierung, etc.

Berufung wagen ist immer ein Weg in Freiheit – Gott zwingt niemanden! Es geht nicht darum, sich zu “opfern”, sondern in Freude das zu entdecken, was meinem Leben Sinn gibt und wo ich mich in Freiheit herschenken kann.

Zum Vertiefen:

  • Melanie Wolfers: Entscheide dich und lebe! Die Kunst, eine kluge Wahl zu treffen
  • Josef Maureder: Wir kommen wohin wir schauen. Berufung leben heute. 128 Seiten, Tyrolia-Verlag.